Samstag, 21. August 2010

Kapitel 7 "Lolita" Part One

Heute wieder nur ein kurzes Kapitel...zu mehr bin ich zur Zeit nicht fähig und hoffe, dass es zumindest ein bisschen Lust auf weiteren Lesestoff macht :)




Einatmen. Ausatmen.
Einatmen. Ausatmen.
Es ist nicht deine Schuld, Dolores, nein, ganz und gar nicht.
Die Kinder, ja die Kinder...Sie haben sich alles selbst zuzuschreiben. Du hast nichts damit zu tun.

Schon die 2te Kanne Kaffee rumort in meinem Magen und ich muss mich seit Tagen übergeben. Seit Carol einfach getürmt ist, bekomme ich kein Auge mehr zu und mein Sohn liegt mir mit seinem Gejammer ständig in den Ohren.
"Hast du was von Carol gehört?" oder "Geht zur Polizei und lasst sie suchen!" dröhnen Tag ein, Tag aus in meinem Kopf und spielen Tennis mit meinem Verstand.
Dem Jungen ist wirklich nicht mehr zu helfen. Er starrt ständig aus dem Fenster, schläft höchstens 2 Stunden am Tag und schreit meinen Mann und mich bei jeder Gelegenheit an.

Carol, ich weiß nicht, was du damit bezweckst, aber merkst du nicht, wie sehr wir, und vor allem dein Vater, leiden? Wie kann man nur so egoistisch sein? Bloß weil Nathan mit seiner Liebe zu dir nicht hinterm Berg halten konnte... Schwaches, dummes Ding.
Weglaufen hat noch nie etwas bezweckt, geschweige denn Probleme gelöst!


Ich hoffe es wird ein Junge... ein Junge, Dolly!

Hör auf! Du bist schon lange tot!
Die Kaffeetasse schlägt klirrend auf dem Boden auf und ich zucke zusammen.
Du bist Schuld. Ja, du bist Schuld, Carol, dass ich wieder daran denken muss. Seit ich euch bei eurem schmutzigen Treiben erwischt habe, geht mir so vieles wieder im Kopf herum.
Ich kann mich nicht mehr von deinem Vater berühren lassen, das weckt zu viele Erinnerungen und ich muss mich schlagartig übergeben. Vielen Dank auch, liebe "Tochter".

Hättest du es nicht einfach weiter schweigend ertragen können? Hättest du uns nicht einfach weiterhin eine liebende, fröhliche Familie sein lassen können?
Wir lieben dich doch...wir können über alles reden! Über alles...

Hmh? Ich blute am Fuß? Dann bin ich wohl aus Versehen in den Scherbenhaufen getreten. Schnell mal einen Handfeger mitsamt Schaufel geholt und die Sauerei weggemacht.
Allerdings ziehe ich immernoch eine kräftige Blutspur hinter mir her, die so wirkt, als wäre es roter Schneckenschleim. Wie witzig.

"Dolly, was ist passiert?!", kreischt es mir hysterisch entgegen. Mein geliebter Mann. Vater der zerstörerischen Ausgeburt mit namen Carol.
"Ach, ich...," schluchze ich hemmungslos, " Ich habe meine Tasse umgestoßen, als ich in Gedanken war. Zum Glück war sie leer, sonst hätte ich auch noch Kaffee zum Aufwischen gehabt."
Er nimmt mich in den Arm und ich fühle rein gar nichts. War das schon immer so? Habe ich ihn so geheiratet?
"Dolly, wir sollten wirklich mal zum Arzt mit dir gehen. Das mit Carol geht dir so nahe, du hast fast 3 Wochen nicht geschlafen!" Seine Besorgnis steht ihm buchstäblich ins Gesicht geschrieben und er hält mich nur noch fester.
Ich übergebe mich, direkt auf seine Brust mit dem teuren Hemd, eines seiner Lieblingsstücke und er rührt sich keinen Millimeter.
"Komm, lass mich deinen Fuß ansehen. Das sieht wirklich übel aus." Wie ein Held hebt er mich hoch und setzt mich auf einen Stuhl, der direkt am Küchentisch steht. Fachmännisch hebt er mein rechtes Bein hoch und stützt es mit seinem Oberschenkel, sodass er sich das blutige Massaker, was mal mein Fuß war, genauer ansehen kann.
Vorsichtig tupft er mit einem Stück Küchenrolle, die auf dem Tisch auf einem Halter thront, meinen Fuß ab, um eventuelle Splitter besser erkennen zu können.

Konzentriert sieht er es sich ganz genau an und es wird mir warm ums Herz. Noch nie hat sich ein Mann so selbstlos um mich gekümmert, und das auch noch mit so einer Selbstverständlichkeit.
"Ich werde wohl eine Pinzette holen müssen. Warte hier und halte ihn bitte hoch. Stütz ihn am besten auf dem Stuhl hier ab, auf dem ich sitze. Achtung, ich schiebe ihn etwas näher zu dir ran."
Schweigend lege ich mein Bein hoch, er gibt mir einen Kuss auf die Stirn und schnellt aus dem Raum.

Du hast einen so wundervollen Vater, Carol. Nicht jeder ist mit so einem Wunder gesegnet.

1 Kommentar:

  1. Bis jetzt einer meiner Lieblingskapitel, obwohl es so eher kurz ist, liegt trotzdem richtig viel Kraft und Gefühl in den Worten. Toll! <3

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