Mittwoch, 25. August 2010

Kapitel 8 "I will wait for you"

Den ganzen Tag seit nunmehr 3 Wochen laufe ich in deinem Zimmer auf und ab.
Wühle in deinen Schränken, durchforste die finstersten Ecken nach Hinweisen, wo du hingegangen sein magst.
Die Alten tun so, als würdest du wieder kommen, aber wann bitte soll das sein? 3 Wochen und 2 Tage bist du schon fort und es schließen sich nur 2 Annahmen aus der Tatsache:
Entweder du bist tot
oder
du bist bei irgendeinem Dreckskerl untergekommen und gehst mir fremd.



Beides Annahmen, die mir mein Leben nicht grade versüßen, Carol.
Ich will dich zurück.
Ich will dich zittern sehen, ich will dich flehen hören. Ja. Deine süße, gebrochene Stimme in meinen Ohren wäre der reinste Himmel für mich.

Deine Blutflecken sind noch auf dem Laken. Mutter wollte sie schon lange wechseln, aber ich lasse sie nicht.
Es soll mir nicht noch das Letzte genommen werden, was von dir stammt.

Andächtig streiche ich über das Laken und meine Sehnsucht nach dir wird so dermaßen groß, dass sie zu platzen droht.
Dein rotes Haar, deine weiße Haut, deine vielen kleinen Sommersprossen, die du nur auf dem Rücken und dem Gesicht trägst.
Ich weiß noch jedes Detail und doch scheint alles zu verblassen.
Wie hast du noch gleich gerochen? Wie hast du gelacht? Warum gibt es keine Bilder von dir in diesem Zimmer?

Was ist das?
Verwirrt fasse ich mir an die Wange und stelle erstaunt fest, dass ich weine.
So sehr vermisse ich dich also, Carol.
Seit dem Tod von Vater habe ich nicht mehr geweint und da war ich 15 Jahre alt.
Und nun sitze ich hier, heule wie ein Kind und kann nicht mal mehr mit dir telefonieren. Los Tränen, lasst nach.

Du hast diese Worte bestimmt nicht so gemeint, die du am Handy gesagt hast, da bin ich mir sicher. Hundertprozentig.
Moment...was ist, wenn dieser Sean mit dir durchgebrannt ist? Was ist, wenn Sean dir befohlen hat, solche gemeinen Dinge zu deinem Liebsten zu sagen?
Das muss es sein!
So fügt sich alles zusammen...Vielleicht ist sie ja sogar hier in der Stadt und ich hatte bisher einfach keine Ahnung. Das lässt meine Tränen versiegen wie eine Zauberformel.

Schnell renne ich in mein Zimmer um mein Handy zu holen, dass seit Carols Verschwinden nur noch mit Mails von Jessica zugemüllt wird.
Grade als ich sie anrufen will, klingelt es in meiner Hand. Jessica. Muss wohl Schicksal sein.

"H-Hey Nathan, wie geht es dir?"
"Lass das Gesäusel, komm sofort her und wehe du trägst Unterwäsche."

Da hat sie schon aufgelegt. Was soll die Frage zu meinem Befinden? Sie weiß doch ganz genau, wie Scheiße es mir geht, seit Carol weg ist!
Pff, blöde Teenager heutzutage. Warum kann sie nicht mehr wie du sein, Carol?
Ihr Haar ist viel kürzer als deines, hat eine beschissene Farbe und ihre Brüste sind viel zu groß, da bekommt man ja Angst.
Und ihr ständiges Gebettel nach mehr...Geht mir so richtig auf die Nerven.
Ich weiß, dass ich großartig im Bett bin, dazu brauche ich nicht dein Rumgejammer, Weib.

Wo ich grade bei Rumgejammer bin...wo bleibt die Schlampe? Es sind bestimmt schon 3 Minuten seit dem Telefonat vergangen und sie steht immernoch nicht vor der Tür.
Na endlich, es klingelt. Was braucht die so lange  für 3 Häuserblocks? Ging doch sonst immer so schnell.

"Hey Nathan!", keucht und stöhnt Jessica, als sie über die Schwelle tritt. Sie ist vollkommen verschwitzt.
"Komm mit in Carols Zimmer," begrüße ich sie und gehe schon die Treppen rauf.
"Ähm, okay."
Schweigend kommt sie hinter mir her und bauscht ihr Haar mit den Händen auf. Warum machen Frauen das immer? Das hat Carol auch mit ihren gemacht...Carol...

"Was wollen wir denn hier in ihrem Zimmer, Nathan?"
"Setz dich aufs Bett, ich geb dir was Neues zum Anziehen," sage ich, während ich schon im Schrank wühle.
"Warum das? Sind meine Klamotten nicht gut? Oder weil ich verschwitzt bin? Wir könnten zusammen duschen und währenddessen meinen Kram waschen und danach in den Trockner werfen, oder so ähnlich. Was brauche ich jetzt andere Kleidung? Ziehen wir uns nicht sowieso gleich aus?"
"Zieh das hier an," presse ich durch meine Zähne und werfe ihr ein Oberteil und einen Rock zu.
Skeptisch begutachtet sie die Sachen.
"Stimm etwas damit nicht?", frage ich mit scharfen Unterton.
Sie schüttelt nur mit dem Kopf.
"Dann ist ja gut."

Während sie sich umzieht, sehe ich aus dem Fenster in der Hoffnung, dich dort Draußen zu erspähen. Kannst du nicht einfach zurück kommen? Dich mir wieder ergeben und mit deinen dünnen, schwachen Armen umfassen...
Nach ein paar Nummern werde ich schon aus Jessica herauspressen, wo du stecken könntest, mit wem du wo stecken könntest.


Und bis dahin werde ich auf deine Rückkehr warten...

If it takes forever I will wait for you
For a thousand summers I will wait for you
Till you're back beside me, till I'm holding you
Till I hear you sigh here in my arms

Anywhere you wander, anywhere you go
Every day remember how I love you so
In your heart believe what in my heart I know
That forevermore I'll wait for you

The clock will tick away the hours one by one
Then the time will come when all the waiting's done
The time when you return and find me here and run
Straight to my waiting arms

If it takes forever I will wait for you
For a thousand summers I will wait for you
Till you're here beside me, till I'm touching you
And forevermore sharing our love

3 Kommentare:

  1. Freya von der Aue25. August 2010 um 14:37

    Ah, also einmal die Sicht der Ma in "Lolita" und hier Nathan's Sicht auf die Dinge. Beides irgenwie verstörend. Hab es stellenweise 2 mal lesen müssen um es zu blicken. Ich finde das passt aber. So ein bisschen verwirrtheit nach 3 Wochen ohne richtigen Schlaf ist vorstellbar

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  2. Unglaublich gutes Kapitel! Man merkt, dass du immer mehr Übung im Schreiben bekommst, du steigerst dich von Kapitel zu Kapitel mehr. Super! :)

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  3. Wann schreibst Du mal wieder ein Kapi, meine mAmsel?

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