Dienstag, 12. Oktober 2010

Kapitel 9 "Uprising"

Sie betrügt mich.
Ich spüre das, tief in mir drin.
Sie betrügt mich.

Ganz sicher!



"N-Nathan! Das tut weh!" Sie wimmert und jammert seit Stunden unter mir, klammert sich an meine Arme, zerkratzt mich.
"Hörst du nicht?! DU - TUST - MIR - WEH!" Hat sie mir grade ins Gesicht geschlagen? Ich spüre nichts mehr, außer die Gewissheit, dass sie mich betrügt.
Ihr ist doch klar, dass sie mich schon betrügt. Wenn sie nur an andere Männer denkt, mit denen sie gern Sex hätte. Das geht so nicht!
Carol, wenn ich den Typen in die Finger bekomme...Moment, natürlich!

"Hä, was..?", Jessica scheint sichtlich verwirrt. "Ist jetzt schluss?" Die Erleichterung ist ihr anzumerken, kann man also doch genug von meiner göttlichen Männlichkeit bekommen?
Ohne darauf einzugehen, ziehe ich mir meine Hose an.
"Sag mir, wo Sean Lovett wohnt."
"Öh, was?"
"Stammel nicht so blöd herum, sag mir, wo er wohnt", Ungeduld macht sich mehr und mehr breit.
 "...Ist gut".




-


"Carol? Carol!"
Panisch schlage ich um mich: "Was?!"
Vor mir sitzt eine verschreckte Holly, die mich anscheinend nur geweckt hat.
"Ist es schon Morgen? Es ist doch noch dunkel...", versuche ich das Thema zu wechseln.
"Du hast wie wild geschrien und wirres Zeug gestammelt, ich dachte, ich erlöse dich besser aus dem Alptraum."
Themawechsel ist fehlgeschlagen.
"Schon gut, das musst du nicht tun, ich habe sowieso jede Nacht solcherlei Träume. Sie bessern sich."
"Oh ja, das hat man gesehen!", mault sie mich an, "Ich dachte schon, du willst mir an die Kehle, als ich dich geweckt habe..."
"Holly nein, niemals...Das tut mir leid, dass du Angst hattest, aber die Träume werden wirklich besser. Vorher war es schon ein Alptraum, als ich wach war, nun kann ich wenigstens wieder aufwachen und dein Gesicht sehen."
Einen kurzen Moment lang schweigen wir.
"Wir sollten uns auf den Weg machen, es kommt gleich die Zeit, wo die Polizei nach Streunern sucht."
Erstaunt blicke ich sie an: "Du kennst dich aber gut aus, Hut ab!"
Sehnsüchtig steht sie da, mit der Nase im Wind. "Das ist meine Heimatstadt. Den Bahnhof kenne ich am Besten. Ich lief schon so oft in meiner Verzweiflung hier hin, da weiß ich, wann wer wo hier kontrolliert. Wir sollten uns besser auf dem Weg machen."

Schnell sind unsere sieben Sachen verpackt und in unseren Rucksäcken verstaut. Während wir langsam gen Ausgang wandern, versuche ich etwas über meine mysteriöse Begleitung herauszufinden.
"Sag mal, warum bist du so früh von zu Hause weggelaufen? 9 Jahre alt warst du da, oder?"
Die sonst so redselige Holly antwortet mit einem bloßen: "Ja."
Scheinbar kein gutes Thema um ein Gespräch anzukurbeln...Aber ich möchte doch so vieles wissen!
"Ist es wegen deinen Eltern gewesen?"
"Vater."
Habe ich mich verhört?
"Wie bitte?"
"Ich bin wegen meinem Vater weggelaufen. Aber so richtig "frei" bin ich erst seit 3 Monaten, man holte mich immer und immer wieder aus meinen Verstecken zurück."
"Woher kennt man deine Verstecke?", ich verstehe alles nicht so ganz.
"Naja...Ich habe mich immer in der Nähe aufgehalten, wegen ihr...meiner Schwester."
"Du hast eine kleine Schwester?"
"Nein, nein. Eine ältere Schwester. Sie ist nun 21."
"Und ähm..."
"Lass es gut sein, ja?! Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen!"
Ein verstimmter Augenaufschlag trifft mich hart und bringt mich zum Schweigen.
Ich kann es ihr ja nicht verübeln, ich erzählte ihr bisher auch nichts von mir und Nathan...oder meiner allgemeinen Situation.
Sean, du fehlst mir so sehr.
"Beeil dich und ziehe deine Kapuze über den Kopf!", fordert sie mich hastig auf, während wir plötzlich schneller gehen.
"Warum?!", brülle ich im Flüstern entgegen.
Sie ergreift meine Hand und wir laufen so schnell wir können zu den Ausgangstüren. Vorbei an Snackautomaten und dem verschlossenen Ticketschaltern gelangen wir ins Freie.
"Puh," keuche ich, "Warum mussten wir re-" Sie hält ihre zarte Hand vor meinen Mund.
"Du schon wieder, Holly?" Eine Männerstimme aus dem Dunkel kommt auf uns zu. "Wolltest du nicht ganz weit weg?"
Als er in den Lichtkegel einer Laterne tritt, sehe ich, dass der Mann eine dunkelblaue Polizeiuniform trägt.
Er kennt Holly beim Namen? Sie muss ja wirklich bekannt sein hier am Bahnhof.
"Das geht dich nichts an, Vater."


-

Zum Glück bin ich die Schlampe losgeworden, bei meinem jetztigen Vorhaben kann ich sie nun wirklich nicht gebrauchen. Die würde meine Schauspielkunst gänzlich untergraben.
Hm, eigentlich wohnt der Junge in einem schönen Haus. Schade, dass er sich mich zum Feind ausgesucht hat.
Überall saftiges, grünes Gras im Vorgarten mit zierlichen Blumen und Pflänzchen - Respekt!
3 Stufen hinauf zu meiner großen Darstellung und nur noch die Klingel drücken. Rrrrring!

Nach einigen Sekunden öffnet mir eine adrett im Anzug gekleidete Frau die Tür. Sie macht hier bestimmt nicht den Garten zurecht.
"Guten Tag, Frau Lovett, ich wollte eigentlich ihren Sohn sprechen, wegen einer...delikaten Angelegenheit."
"Oh, Sean? Der ist grade beim Training, vielleicht kann ich etwas ausrichten?"
"Mh, nunja...", ich blicke zum Boden, "Ich bin mir nicht sicher, ob Sie diese Seite ihres Sohnes kennen lernen möchten."
Sie sieht verdutzt, aber neugierig aus, "Versuch es doch mal, hat er was angestellt?"
It's showtime.
"Sie wissen eventuell, dass Carol vermisst wird? Sie geht mir Sean zur Schule."
Grübelnd lehnt sie sich gegen den Türrahmen. "Ich meine, sowas in der lokalen Zeitung gelesen zu haben. Weiß Sean wo sie ist oder warum fragst du mich das?"
"Das gilt es herauszufinden, denn er ist der Grund, dass sie weggelaufen ist."
"Wie bitte?! Was soll er verflucht nochmal getan haben? Mein Sean ist ein guter Junge!"
"Ihr Sean ist ein Vergewaltiger, Teuerste!"
Entsetzen. Blankes Entsetzen sprüht aus ihren Augen. Perfekt.
"Wochenlang konnte sie nicht schlafen, war total fertig und ich konnte sie nicht einmal trösten! Ich als ihr Bruder konnte nichts für sie tun und jetzt ist sie weg! Einfach so!" Krokodilstränen kommen zum idealen Zeitpunkt.
Frau Lovett sackt zusammen. "Sean...", haucht sie in ihre Hände, die sie vor den mit roten Lippen bemalten Mund gefaltet hat. Trotz dieser strengen Frisur mit Dutt sieht sie jetzt mehr als nur verletzlich aus. Ich trete nochmal nach.
"Da haben sie einen tollen Bastard großgezogen, Madame. Applaus. Stellen Sie sich auf ein Verfahren ein und...naja, rechnen sie damit, dass ihr Sohn heute später Heim kommt als gewöhnlich. Guten Tag."

Auf dem Absatz mache ich kehrt und gehe, mit leicht gebückter Haltung, die Auffahrt entlang.
Hach, ist ja doch noch ein schöner Tag. Carol...ich finde dich. Das verspreche ich.

5 Kommentare:

  1. Man möchte immer wieder rein hauen, in das hübsche Gesicht ><

    Die Sache mit Holly macht es aber jetzt echt noch ein wenig unerträglicher auf das nächste kapitel zu warten ><

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  2. Freya von der Aue12. Oktober 2010 um 15:11

    Ich will auch mehr wissen über Holly! *hektisch mit den armen wedel*
    Und warum heißt die Teuerste "Lovett"? Inspiriert von Sweeney? ^^

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  3. Manchmal frage ich mich, wie du liest ö__ö Sean heißt ja auch mit vollen Namen (mehrfach erwähnt) Sean Lovett.

    Wäre also besser, wenn sie den Namen dann auch trägt XD Und natürlich is der aus Sweeney! :D

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  4. Freya von der Aue12. Oktober 2010 um 21:29

    Ja, das er auch so heißt und sie eh, das ist mir klar :D
    Aber ich wollte nur wissen, wie Du auf ihren Namen gekommen bist. :D
    War vllt blöd formuliert ^^

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